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Beitrag vom 10.07.2007
50 Jahre Gleichberechtigung - wo stehen wir heute. Teil 2
Stefanie Denkert
Am 1. Juli 1957 trat die Gleichberechtigung für Mann und Frau als Bürgerrecht in Kraft. 1971 entstand die Frauenbewegung, um der Gleichberechtigung weiter nachzuhelfen. Hier eine Chronik der Erfolge
Kurze Vorgeschichte zur Gleichberechtigung:
Mitte des 19. Jahrhunderts begann die erste deutsche Frauenbewegung, die eine ökonomische und politische Besserstellung forderte. Auch damals gab es Frauen, wie Hedwig Dohm, die erkannten, dass Frauen und Männer nicht ungleich geboren, sondern gemacht werden. Höhepunkt der ersten Frauenbewegung war die Einführung des Allgemeinen Frauenwahlrechts 1918 in Deutschland.
Die beiden Weltkriege gingen einher mit einem Rollback zu strikten Rollenbildern, so dass die "Mütter des Grundgesetzes" (Elisabeth Selbert, SPD; Helene Weber, CDU, Helene Wessels, Zentrum und Frederike Nadig, SPD) auf heftigen Widerstand stießen, als sie 1949 den Gleichberechtigungsgrundsatz in die Verfassung der BRD aufnehmen wollten. Zwar wurde die Gleichberechtigung beschlossen, dennoch galt bis 1953 eine Übergangsfrist zur Einführung von Artikel 3 Absatz 2 "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" ins Grundgesetz, d.h. bis dahin sollten alle Gesetze, die dem Gleichheitsprinzip widersprachen, ausgeglichen werden.
50 Jahre Gleichberechtigung - eine Chronik:
1957: Reform des Bürgerlichen Gesetzbuchs: am 1. Juli tritt die Gleichberechtigung für Frau und Mann als Bürgerrecht in Kraft.
1958: Das Letztentscheidungsrecht des Ehemannes in allen Eheangelegenheiten wird gestrichen. Das Recht des Ehemannes, ein Dienstverhältnis seiner Ehefrau fristlos kündigen zu können, wird aufgehoben. Zuvor musste der Ehemann schriftlich bestätigen, dass er mit der Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau einverstanden ist und konnte allein über das Geld verfügen, das sie verdiente.
1962: Vertrieb der Antibabypille in der BRD
1968: 'Das Private ist politisch!' Mit diesem Slogan fordern Frauen in der westeuropäischen Linken ein neues Politikverständnis ein, so auch im Umfeld des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS).
1971: Der Anfang der Frauenbewegung - Auslöser: Der Kampf gegen das Abtreibungsverbot in Westeuropa.
1972: Aus dem Kampf gegen den § 218 wird eine vernetzte Frauenbewegung, die sich bewusst "autonom und ohne Männer" organisiert.
9. März: Die DDR befürchtet ein Überschwappen der Frauenbewegung und versucht durch Verabschiedung der Fristenlösung dem zuvorzukommen. In der DDR ist ein Schwangerschaftsabbruch von nun an innerhalb der ersten drei Monate straffrei.
1974: Der Kampf um die Fristenlösung wird gewonnen (BRD) - und wieder verloren. Der zunächst relativ wohlwollende Ton der (Männer-)Medien verschärft sich.
1975: Die UNO erklärt 1975 zum'Jahr der Frau'. Nach Abtreibung und Arbeit stehen jetzt die Themen Sexualität und Liebe auf der Tagesordnung.
1975- 1985: Dekade der Frauen
1976: Die Gewalt gegen Frauen wird zum zentralen Thema. In Berlin öffnet das erste Frauenhaus. Frauenstudien werden an allen Universitäten gefordert.
1977: 26. Januar: EMMA erscheint. Damit haben Feministinnen erstmals eine überregionale, öffentliche Stimme.
30. April: In der 'Walpurgisnacht' (der Nacht der Hexen auf dem Blocksberg) gehen Tausende Frauen gegen Vergewaltigung und sexuelle Belästigung auf die Straße. Das Motto: 'Frauen erobern sich die Nacht zurück!' In ganz Deutschland demonstrieren Frauen gegen die Gefahr, die ihnen alltäglich droht: "Ausgangssperre bei Dunkelheit ist das Los der Weiblichkeit!"
1. Juli: Das neue Eherecht tritt in Kraft. Mit dem 'Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts' ist die 'Hausfrauenehe' abgeschafft. Bis dato war die Ehefrau "zur Haushaltsführung verpflichtet". Berufstätig durfte sie nur sein, wenn sie dadurch ihre "familiären Verpflichtungen nicht vernachlässigt", ihr Ehemann durfte Arbeitsverträge seiner Frau ohne ihr Einverständnis kündigen. Gleichzeitig waren Ehefrauen zur unbezahlten Mitarbeit in Beruf oder Geschäft des Mannes verpflichtet.
Mit dem neuen Eherecht müssen Eheleute ab jetzt die "Haushaltsführung einvernehmlich regeln". Auch das Scheidungsrecht wird reformiert: Das Schuldprinzip ist abgeschafft. Bisher hatten schuldig Geschiedene kein Recht auf Unterhalt - zum Beispiel Ehefrauen, die ihre "familiären Pflichten" vernachlässigt hatten.
1978: Die Klage gegen die sexistischen Titelbilder des Stern macht den beginnenden Kampf gegen Pornografie populär.
7. Dezember: Der Deutsche Presserat ergänzt seinen Ehrenkodex um das Merkmal "Geschlecht". Ab jetzt heißt es: "Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Zugehörigkeit zu einer rassischen, religiösen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden."
1979: Die Frauenbewegung löst sich im politischen Sinne auf. Von einer Bewegung im politischen Sinn - also einem locker organisatorischen Zusammenhang von Gruppen und Projekten mit den gleichen Zielen - kann von nun an nicht mehr gesprochen werden. Feministinnen haben den Marsch durch die Institutionen und in die Welt angetreten: Sie sind engagierte Lehrerinnen, Journalistinnen oder Politikerinnen geworden, sie organisieren Projekte oder gründen Unternehmen. Der Feminismus ist von nun an nicht mehr innerhalb einer "Bewegung" verordnet, sondern durchzieht die gesamte Gesellschaft und nimmt in den 80er und 90er Jahren vielfältige Formen an.
1. Juli: Das Gesetz zum Mutterschaftsurlaub tritt in Kraft. Es verlängert den bezahlten "Urlaub" der Mutter nach der Geburt eines Kindes von bisher acht Wochen auf ein halbes Jahr. Feministinnen warnen vor der Falle, die die lange Abwesenheit aus dem Beruf für berufstätige Frauen bedeutet und fordern einen 'Elternurlaub', der auch die Väter in Sachen Kinderbetreuung in die Pflicht nimmt.
Die CSU und die katholische Kirche machen erneut mobil gegen den § 218. Die CSU kündigt für den Fall eines Wahlsieges die Rücknahme der Reform des Abtreibungsgesetzes an und attackiert die Frauen als "Massenmörderinnen".
1986: Das erste Bundesfrauenministerium wird eingerichtet, mit Rita Süssmuth (CDU) als Ministerin.
1991: 20 Jahre Frauenbewegung:
"Die Frauenbewegung ist tot - es lebe der Feminismus!" schreibt Alice Schwarzer.
14. März: Das Bundesverfassungsgericht erklärt das geltende Namensrecht bei Eheschließungen für verfassungswidrig: Frauen und Männer dürfen den eigenen Namen auch ohne Bindestrich behalten.
1993: Heide Simonis (SPD) wird die erste Ministerpräsidentin (Schleswig-Holstein).
1997: 15. Mai: Nach 25 Jahren des Protests ist Vergewaltigung in der Ehe endlich als Straftat zu ahnden. Alle erzwungenen "sexuellen Handlungen" werden nun als Vergewaltigung bestraft, auch wenn sie nicht mit Penetration verbunden sind. Möglich war dies nur durch ein fraktionsübergreifendes Frauenbündnis, initiiert von Ulla Schmidt.
2001: 1. Januar: Das letzte deutsche Berufsverbot für Frauen fällt: Frauen dürfen nun uneingeschränkt in die Bundeswehr, inklusive Dienst an der Waffe.
26. April: Der erste "Girls Day" findet statt.
Juli: Die "eingetragene Partnerschaft" wird in Deutschland Gesetz.
2002: 1. Januar: Das "Wegweisungsgesetz" tritt in Kraft. Die Polizei kann nun gewalttätige Männer aus der Wohnung entfernen, statt Frau und Kinder ins Frauenhaus zu bringen.
2005:22. November: Angela Merkel (CDU) wird die erste deutsche Kanzlerin.
2006: 7. Juni: Charlotte Knobloch wird als erste Frau Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland.
August: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, tritt in Kraft.
September: Der Bundestag verabschiedet das Elterngeld, initiiert von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.
2007: Das "EU-Jahr der Chancengleichheit für alle"
Quellen:
Die Chronik der Frauenbewegung, FrauenMediaTurm: www.frauenmediaturm.de
35 Jahre Frauenbewegung in EMMA 1/2007: www.emma.de
Margret Karsch: "Feminismus für Eilige", Aufbau Verlag, 2004.
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